Der Mensch ist lernfähig aber unbelehrbar

Der Mensch ist lernfähig – aber unbelehrbar

Der Mensch ist lernfähig – aber unbelehrbar

(da beisst die Maus keinen Faden ab !!)

Und gerade hier scheitern fast alle sogenannten Erfolgsprogramme. Ob für Businesserfolg, Gesundheit oder schlicht „Lebenserfolg“. Nach alle Erkenntnissen der jüngeren Gehirnforschung (Spitzer, Hüther, Roth, Singer) ist „Erfolg“ nicht lehrbar -und kann so eigentlich nur „gefunden werden“. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen ist die Aufgabe der Lebenshelfer (Lehrer,Trainer, Therapeuten, Führungskräfte).

 

Die grundlegende Botschaft ist einfach:

Der moderne Mensch kommt mit seinem Leben nicht mehr zurecht. 
Er erstickt in Komplexität und in der Multioptionsfalle. Er weiss nicht mehr wo‘s lang geht, hat die Orientierung verloren , ist entgrenzt, entritualisiert und enttabuisiert und folgt nur allzuoft fragwürdigen Orientierungshelfern und Heilsversprechen.

 

Was tun?

Wie sooft ist die Lösung ganz einfach. Sie lautet – ganz banal:

„Nimm dein Leben selber in die Hand, bevor es andere tun“

 

Aber wie? Wo beginnen? Was zuerst?

Betrachten wir es aus den Erfahrungen der Salutogenese von Antonovski, dann muss die betreffende Person, um sich zu  verändern, erst einmal wirklich wollen. Gehen wir davon aus, dass diese Grundlage wirklich gegeben ist, dann scheint die zweite Veränderungsbedingung festzustehen: der Mitarbeiter, Klient, Patient, Schüler oder Teilnehmer im Seminar muss dem Coach, Trainer, Lehrer, Arzt oder Führungskraft vertrauen, was vermutlich nur dann gelingt, wenn diese Person aufhört denjenigen, der sich verändern soll oder der was lernen soll zu „belehren“ und stattdessen die drei Grundprinzipien der Salutogenese praktizieren: 

                    

• einladen • ermutigen • inspirieren!

 

Dann -und nur dann-  kann der Betreffende eine positive innere Einstellung und Haltung zur  Herausforderung, Genesung und zum Leben ganz allgemein gewinnen. Gelingt dies, kann er/sie eine günstigere Erfahrung machen als bisher. Die Hirnforschung beruft sich auf die jüngeren Daten der sogenannten Neuroplastizität und weiss, dass sich Menschen nochmals jederzeit bis ins hohe Alter verändern können und dass im Menschen vermutlich viel mehr drin steckt, als das, was bisher aus ihm geworden ist.

Ein entscheidender Durchbruch brachte die Erkenntnis, dass es Zeit ist, sich von der begrenzenden Einstellung zu trennen, dass das Gehirn so wird, wie es benutzt wird.
Dachte man, nachdem man die kartografierte Zentrenlehre der Phrenologen bis Mitte des letzten Jahrhunderts überwunden glaubte, irrtümlich das Gehirn wäre wie ein Computer und auch so zu benutzen, schloss sich die Sichtweise der 90er Jahre an, dass das Gehirn- quasi wie ein Muskel- so wird, wie man es benutzt.
                                       

 

Falsch !!

Mittlerweile wissen wir es besser:

Das Gehirn wird nicht so, wie man es benutzt, sondern so, wie man es mit Begeisterung benutzt!

Dieser Begriff Begeisterung wird uns- wie Prof. Hüther es formulierte – vermutlich im 21. Jahrhundert nicht mehr wirklich verlassen.  Schauen wir uns mal kleine Kinder an, dann stellen wir fest, dass sie pro Tag mindestens 30, 50 oder sogar bis zu 100 solcher Begeisterungsstürme im Gehirn haben. Begeisterung geht „unter die Haut“ und es werden unsere sogenannten emotionalen Zentren im Gehirn nachhaltig aktiviert. Das sind im Mittelhirn liegende Kerngebiete, die mit Ihren langen Fortsätzen bis in höhere Hirnregionen reichen.  Immer wenn man sich über etwas und sei es auch nur ein Anflug, begeistern kann, werden an den Enden dieser Fortsätze sogenannten neuroplastischen Botenstoffe ausgeschüttet. Was natürlich überhaupt nicht funktioniert wenn sie z.B. in der Schule oder im Studium ellenlange Texte auswendiglernen müssen und keinen wirklichen emotionalen Bezug dazu haben. Wie Hüther es sehr palstisch formuliert, sind diese  neuroplastischen Botenstoffe so etwas wie „Dünger“ für das Gehirn. Wissenschaftlich formuliert heisst es, sie führen dazu, dass in einem rezeptorvermittelten intrazellulären Signaltransduktionsprozess Genexpression plötzlich verändert wird und das der Zellkern nochmal anfängt neue Eiweisse zu  produzieren, wie er es vielleicht  schon seit Jahren nicht mehr gemacht hat und diese Eiweise werden dann benutzt, um neue Fortsätze zu bilden, neue Kontakte einzurichten und bestehende Kontakte fester zu verankern. 
Letztlich bedeutet es, dass immer wenn wir uns in unserem Leben noch einmal für etwas begeistern können, im Gehirn eine Art Giesskanne aktiviert wird, Dünger vorne rauskommt und das, was wir im Zustand der Begeisterung gerade gemacht haben, gedüngt wird und letztlich wächst und dicker, fester und grösser wird.

Da ist es ziemlich egal ob das bei Kindern Videospiele sind, bei Mitarbeitern Ränkespiele oder emotionale Gewalt, wenn nur derjenige sich daran begeistert. Alles dass, was sie begeistert, führt dazu, dass in Ihrem Hirn starke neuronale Muster und Verbindungen entstehen.

Begeistern kann man sich eigentlich ja nur an etwas, was an einem wirklich „am Herzen“ liegt. Oder könnten Sie sich für irgendetwas begeistern, was Ihnen völlig egal ist. Vermutlich nicht.

Wollen Sie also als Führungskraft, Lehrer oder Trainer Menschen dazu bringen, sich für etwas zu begeistern, was in ihrem System bislang nur wenig Begeisterung hervorgerufen hat, nehmen wir zum Beispiel gesunde Ernährung oder mehr Bewegung oder im Unternehmen adäquates positives und prosoziales Verhalten, was im allegemeinen viele Menschen vielleicht  nicht so sehr begeistert, dann müssen wir eben gerade nicht „belehren“ und „fordern“ sondern wir müssten einen Weg finden, wie wir diese Menschen einladen, ermutigen und inspirieren.

 

Kleinen Kinder haben diese Begeisterung -im Grund genommen für vermutlich fast alles- bereits in sich.  Sich mit allen wichtigen Grundcharakterstärken anzufreunden und als innere Haltung zu programmieren passiert von ganz alleine- normalerweise- und wie erwähnt 50 bis 100 Mal am Tag. So ein kleines Kind begeistert sich über alles was es in der neuen abenteuerlichen Welt so vorfindet –  bis es in die Schule kommt und ein kümmerlicher Verödungs- oder sollte man besser sagen Verblödungs-prozess eingeleitet wird.

Biokybernetiker Frederic Vester nannte es  schon in den 70er Jahren „durch Willkür Versager züchten“ und war damit den späteren Hirnforschern schon weit voraus.
Wenn wir dann motivationsarme und frustierte Mitarbeiter im Unternehmen finden, die sich an quasi nichts mehr begeistern, dann ist das die logische Konsequenz. „Use or loose it“ nennen das die Amerikaner.

 

Doch gute Nachricht: wir können es wieder rückgängig machen. Wie Prof.Hüther es erklärte, könnte sogar ein 85jähriger Berliner auch noch chinesisch lernen- hirntechnisch ist das kein Problem- wenn er sich begeistern könnte. Das würde dann vermutlich bei der Berliner Volkshochschule nicht funktionieren. Er müsste sich noch mal richtig begeistern und so z.B.  schon in eine junge 65jährige Chinesin verlieben. Rettungslos. Dann kann man auch mit 85 noch einiges lernen.

 

Wenn man sich nochmal richtig begeistert.

Deshalb haben wir ja auch kein hirntechnisches Problem wenn bestimmt Prozesse im Alter so schwierig werden, sondern wir haben ein Begeisterungsproblem. 
Wie Hüther weiter ausführt, sind wir zu einer Gesellschaft geworden, wo Begeisterung so ziemlich das letzte ist, wozu wir uns gegenseitig einladen. Schon gar nicht im Führungsalltag. Wenn es uns aber gelänge, Menschen noch einmal dafür zu begeistern, es gelänge, sie einzuladen, zu ermutigen und zu inspirieren noch einmal eine neue Lebendigkeit in sich zu entdecken, die Lust und Freude am eigenen Dasein wiederzuentdecken- dann wird das unmögliche möglich.

Nur dazu müsste sich einiges ändern und andere Prioritäten gesetzt werden. Aber statt der Begeisterung wird in den hochentwickelten Industriestaaten nach Aussage der WHO die Angst immer grösser und wir bekommen immer mehr angstbedingte Störungen. Das bedeutet, dass in diesen hochentwickelten Industrieländern anscheinend Erfahrungen gemacht wurden und eine Haltung entstanden ist, die Angst, Depression, Burn-out u.a. die Tür öffnet.

Diese Erfahrungen müsste man ändern und dass wird aber nur gehen, wenn es uns gelingt diese Menschen noch einmal für etwas anderes begeistert. Das heisst – nach Hüther- zu überlegen, wie kann in Zukunft etwas anderes bedeutsam werden, als das was bislang bedeutsam war.

Und Hüther verät es uns:  „ Es ist eigentlich nur zweierlei was Menschen brauchen damit sie sich sozial entfalten- also ihre Potentiale entfalten  können. Jeder hat ja am Anfang seines Lebens schon im Mutterleib diese Erfahrung gemacht, dass er erstens dazugehört hat und zweitens, dass er gewachsen ist. So banal ist das. Und mit dieser Erfahrung des eigenen Wachsens, des über sich Hinauswachsens, des immer autonomer werdens kommt jedes Kind schon auf die Welt und deshalb hat es in seinem Hirn auch ein sogenanntes Neugiersystem, mit dem es sich auf den Weg macht und versucht frei und autonom zu werden und gleichzeitig hat es vorgeburtlich die Erfahrung gemacht, dass es mit jemanden verbunden war, deshalb kommt es mit einem Bindungssystem auf die Welt und mit der Erwartungshaltung, dass es da draussen welche gibt, mit denen es sich verbunden fühlen darf. Das ist unsere Grundsehnsucht  nach Verbundenheit und Freiheit. Gleichzeitig – alles beides.

 

Das bedeutet wir müssten dringen die Art und Weise verändern, wie wir im Alltag und besinders in der Berufswelt miteinander umgehen, wir müssten dringend eine neue „Kultur“ schaffen, das Beziehungsklima verändern und Menschen ermutigen und die Möglichkeit geben, sich dazuzugehörig zu fühlen und gleichzeitig ihre eigenen Entfaltungsmöglichkeiten entdecken zu können.

So etwas nennt Kollege Reinhard Sprenger „die individualisierte Gemeinschaft“.  In solchen individualisierten Gesellschaften hat jeder mit seinen besonderen Fährigkeiten einen besonderen Platz. Und solche individualisierten Gesellschaften funktionieren nur dann, wenn man weiss wo man hin will und vor allem , wo man steht.
Welche Haltungen hat man im Leben erfolgreich ausbilden können, so dass man sich auf sie verlassen kann und welche Haltungen sind in den unterschiedlichen Sozialisationsphasen verloren gegangen und müssen dringend gestärkt werden.
Eine erste und wichtige Navigationshilfe ist die Messung dieser „inneren Haltungen“.